Gumpoldskirchen wird 1140 erstmals urkundlich erwähnt, bestanden hat es aber mit Sicherheit schon einige Zeit vor diesem Datum - nur erzählen die Geschichtsbücher leider nichts davon. Das gleiche gilt auch für die Pfarre Gumpoldskirchen. Auch da wissen wir nicht, wann sie entstanden ist, ob sie von Anfang an selbständig war oder ob sie zunächst zu einer benachbarten Pfarre gehörte. Erste Lebenszeichen von ihr gibt es erst aus dem 13. Jahrhundert. Heute gehört die Pfarre Gumpoldskirchen zum Pfarrverband "Anningerblick" im "Dekanat Mödling"
Malerisch erhebt sich unsere Pfarrkirche am Fuß des Anningers, wo sie gemeinsam mit dem Deutschordens-Schloss ein einladendes Gebäudeensemble bildet.
Ob der heute in Resten noch sichtbare Wehrcharakter der Pfarrkirche bereits unter den Babenbergern oder erst unter der Hoheit des Ordens verwirklicht wurde, ist niemals sicher ermittelt worden. Der jetzige Baubestand stammt aus der ersten Hälfte des 15. Jh. Der letzte Babenberger Friedrich II. übertrug am 31. Juli 1241 das Patronatsrecht der Kirche und Pfarre dem Deutschen Orden. 1261 bestätigte Papst Aexander IV. diese Schenkung. Seit dieser Zeit wird die Pfarre seelsorglich vom Orden betreut. Die Kirche selbst ist dem Hl. Michael geweiht.
Die Beseitigung der letzten Kriegsschäden an Turm und Kirchendach sowie eine umfangreiche Innenrenovierung erfolgten 1947. Nach einer Generalrenovierung des Innenhauses in Etappen zwischen 2004 und 2006 erstrahlt die Kirche in ihrem heutigen hellen Glanz. Die festliche Wiedereinweihung erfolgte Ende September 2006.
Seit 2008 ergänzt ein gotisches Labyrinth die Harmonie von Pfarrkirche und Schloss. Dieses wird von Besuchern und Bevölkerung gleichermaßen gerne meditativ durchwandert und bei verschiedenen Feiern in den Ablauf mit einbezogen.
Dieser zählt zu den Kostbarkeiten der ländlichen Gotik in Niederösterreich. Sein Rhythmus wird durch schlanke, achteckige Pfeiler bestimmt, auf denen farblich abgesetzte Kreuzrippengewölbe ruhen. Der Chor ist vom übrigen Kirchenraum durch massive Spitzbögen getrennt. Als man nach 1683 die Kirchen vollständig renovieren musste, wurde die Josefskapelle am linken Seitenschiff barock umgestaltet, die Taufkapelle am rechten Seitenschiff erhielt ein reich mit Stuck verziertes Portal, das mit 1691 datiert ist.
Der barocke Hochaltar besteht aus einem deutliche von der Chorwand abgerückten Altartisch und einer durch flache Pilaster gegliederten Wandarchitektur. Den Altartisch schmückt ein vergoldetes Tabernakel mit anbetenden Engeln. Das Altarbild erinnert an den Patron der Kirche, an den streitbaren Erzengel Michael. Es zeigt ihn als Bezwinger der Feinde Gottes. Als Assistenzfiguren sind dem Bild Steinplastiken des hl. Georg und der hl. Elisabeth beigefügt, also der Schutzpatrone des Deutschen Ordens. Von an den Wänden angebrachten Konsolen blicken die ausdrucksstarken Steinplastiken des hl. Johannes Ev. und des hl. Petrus. Diese sind im frühen 15. Jh. entstanden.
Die prunkvolle Kanzel kam 1779 in die Kirche. Das Bild des Sämannes am Kanzelkorb ist ein Gleichnis für die Aussaat des Gotteswortes.
Mit dem Hochaltarbild korrespondieren die beiden Seitenaltarbilder an den Pfeilern vor dem Chor. Die dazugehörigen barocken Altartische wurden im Zuge einer Kirchenrenovierung entfernt und durch einfache Lesepulte ersetzt.
Die Kreuzigung (rechts) weicht vom üblichen Schema insofern ab, als die traditionellen Begleitfiguren durch die armen Seelen im Fegefeuer ersetzt sind.
Das Bild der hl. Barbara (links) besticht durch die Leuchtkraft seiner Farben. Die Heilige kniet in festlicher Tracht auf einer Wolkenbank und hält in der Linken ihr Attribut, den Kelch mit der Hostie. Umgeben ist sie von mehreren Engeln. Der Engel rechts trägt das Schwert, mit dem Barbara enthauptet worden ist. Die Enthauptung selbst ist im unteren Drittel des Bildes dargestellt.
Die ausgewogene Komposition und gekonnte Farbgebung machen das Bild der Heiligen Familie in der Josefskapelle im linken Seitenschiff zu einem Juwel der Barockmalerei. Die Signatur nennt als Maler einen "Eques de Routier". Das Thema: Josef und Maria bemühen sich um den wiedergefundenen Jesusknaben. Maria ist als Städterin gekleidet, Josef hingegen als Bauer.
Links neben dem Hochaltar hängt das großformatige Tafelbild "Die hl. Elisabeth und der Bettler". Es diente einst als Altarbild in der Schlosskapelle. Die faszinierende Leuchtkraft der Farben und sein religiöser und menschlicher Gehalt lassen auf einen namhaften Künstler schließen. Dieser hat den Bettler vor Elisabeth ganz besonders liebevoll gestaltet. In dem freudigen Aufleuchten, das über sein Antlitz huscht, offenbart sich die umgestaltete Kraft der Caritas.
In der Turmkapelle befinden sich zwei Votivbilder des einheimischen Malers Franz Bilko (1894 - 1968): ein Fresko mit Christus und den Emmausjüngern und ein Tafelbild des hl. Judas Thaddäus mit einer Ansicht von Gumpoldskirchen im Hintergrund.
Ein bauliches Kleinod ist unser weit über die Gemeinde hinaus bekannter Kreuzweg über den Kalvarienberg.
Im 19. Jh. wurde das Umland von Wien mehrfach von Cholera-Epedemien heimgesucht; so auch im Jahr 1855. Wie durch ein Wunder wurde Gumpoldskirchen davon verschont. Spontan fassten einige Teilnehmer bei der Wallfahrt zur Cholerakapelle (Helenental) im gleichen Jahr den Entschluss, zum Dank für die Bewahrung des Ortes vor der Cholera am Fuß des Anningers einen Kalvarienberg mit den entsprechenden Kreuzwegstationen zu errichten. Diese werden wie bereits zur Zeit ihrer Errichtung auch heute noch von Paten aus Gumpoldskirchen betreut.
Die letzte Renovierung erfolgte 2017/2018 durch die Marktgemeinde Gumpoldskirchen.
Text basierend auf dem Buch "Gumpoldskirchen - Eine Deutsch-Ordens-Pfarre im Weinland" von
Dr. Johann Hagenauer